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Ursula Jenss-SherifIm BlickBleistiftzeichnungen auf Collagen Januar/April 1998 |
Von Beatrix Nobis
Ursula Jenss-Sherifs Zeichnungen, die wenn auch
bruchstückhaft, ausdrücklich das Reale, Dinghafte, Gegenständliche
behandeln, verweisen auf einen reflektierten Bewusstseinsstand, der
Erinnerung und Vorstellung gleichermaßen umfasst. Die in ihrer
parallelen Strichzeichnung wie gerastert wirkenden Bleistift-Zeichungen
lagern sich über einen collagierten Grund von Zeitungsausschnitten und
Photos.
Diese im Zeitalter der Medien stets präsenten und
beliebig verstreuten Botschaften verweigern uns hier die Information,
die wir sonst so selbstverständlich abrufen.
Das Konsumieren von einerseits summarisch verkürzten,
andererseits hochverdichteten Nachrichten aller Art erzeugt das Trugbild
der Ganzheitlichkeit und wiegt den Menschen in der Annahme, seine
Position im Leben autonom und souverän festsetzen zu können.
Die Fragmente, die im Bildgrund die unterste Schicht
der Aussagen bilden, entlarven diese Illusion: Sie sind nur noch Verweis
auf etwas Geschehenes, nicht mehr Bestätigung der Annahme, dass das
Leben eine niemals abreißende Kette von Ereignissen sei, die uns
zustoßen oder zustoßen könnten, und die deshalb, zum Zwecke der
eigenen Existensabsicherung, ständig neu zu bewerten und zu bewältigen
sind. Die Nachricht wird zur geheimnisvollen Chiffre, zum hier und da
auftauchenden optischen Signal, das sein ursprüngliches Versprechen
nicht mehr einzulösen bereit ist.
Aus dem Ausstellungskatalog
Ursula Jenss-Sherif: 1942 in Berlin geboren; dort Studium an der Meisterschule für das Kunsthandwerk in der Abteilung Stoffdruck und anschließend an der Hochschule für bildende Künste freie Malerei. Nach zehnjährigem Aufenthalt in Äthiopien kehrte sie 1978 wieder zurück nach Deutschland und lebt heute in Hannover. Zahlreiche Einzel- und Gruppenausstellungen im In- und Ausland.