Seit der christlichen Passionszeit im April 2025 zeigt die Evangelische Akademie Loccum gemeinsam mit dem Religionspädagogischen Institut (RPI) Loccum die eindrucksvolle Installation „Verbunden“ des Künstlers Pablo Hirndorf. Die Ausstellung ist in mehreren Gebäuden auf dem Campus zu sehen – unter anderem auch in der Kapelle der Tagungsstätte – und lädt zum intensiven Dialog zwischen Kunst, Religion und Gesellschaft ein.
Im Rahmen der Midissage am 14. Mai 2025 wurde das Werk im Beisein des Künstlers bewundert, hinterfragt und gewürdigt. Die Rektorin des RPI, Prof. Dr. Silke Leonhard, begrüßte die Gäste, die sich auf der Galerie der Tagungsstätte inmitten zahlreicher Kreuze eingefunden hatten.
In einem angeregten und intensiven Künstlergespräch mit Dr. Matthias Surall, Dozent für Medienpädagogik am RPI, berichtete Pablo Hirndorf über seine persönliche Biografie, seine künstlerischen Motive und die Entstehungsgeschichte des bewegenden Projekts. Dabei wurde auch seine eigene Beziehung zu Religion und Glaube deutlich.
„Ich bin Künstler, mein Bruder ist Pastor. Und ich sage immer: Er weiß, wie man in den Himmel kommt; ich weiß, wie man ihn malt“, so Hirndorf mit einem Lächeln.
Mit seiner Erzählung über die künstlerische und sensible Herangehensweise an die Neugestaltung alter Kruzifixe, auf denen häufig der gekreuzigte Jesus dargestellt ist, zog der Künstler aus Warpe bei Nienburg die Besucher*innen in den Bann. Für die besondere Stimmung der Midissage sorgte auch Gitarrist Nikas Turmann, der mit seinem Spiel die Atmosphäre des Abends – in Gegenwart von Kunst, Künstler und dessen Ehefrau – eindrucksvoll einfing.
Die Installation „Verbunden“ hat eine besondere Entstehungsgeschichte: Ausgangspunkt war eine private Sammlung traditioneller Kreuze und Kruzifixe – größtenteils Devotionalien aus dem klassischen Gebrauch –, die Surall aus einer Privatsammlung zur Verfügung gestellt wurden. Im Austausch mit Pablo Hirndorf und durch gemeinsame Impulse entstanden daraus die heutigen Kunstwerke, die bereits an mehreren Orten zum Nachdenken, zur Einkehr und zu Gesprächen anregten.
Diese ursprünglich für den religiösen Alltagsgebrauch bestimmten Objekte hat der Künstler umfassend, individuell und mit großer Sorgfalt überarbeitet. Jedes Kreuz wurde mit blauen Gipsbinden umwickelt – als sichtbares Zeichen einer neuen, menschlich-spirituellen Verbindung. Die intensiv leuchtende Farbe verweist auf den Himmel, auf das Transzendente, soll aber auch die menschliche Verletzlichkeit symbolisieren, so Hirndorf.
„Ich wollte das Leiden ummanteln – das menschliche Leiden, das sich in Christus manifestiert – und es wieder verallgemeinern“, erklärt der Künstler im Gespräch mit Surall. „Aus dem individuell Gekreuzigten wird der leidende Mensch. Und mit ihm ein Gott, der dieses Leid sieht.“
So entstand eine spannungsreiche, theologisch tiefgründige Werkgruppe, in der alle Einzelobjekte über ihre Materialität hinaus zu einem Gesamtkunstwerk verschmelzen – ein Werk, das neben Begeisterung und Einkehr auch zur Auseinandersetzung herausfordert.
Die Installation wurde ursprünglich für den Kunstempfang der Landeskirche Hannovers 2023 in Eystrup konzipiert und ging anschließend auf eine kleine Tournee durch mehrere Kirchengemeinden. Mit der Ausstellung in Loccum findet das Werk nun seinen vorläufigen Abschluss.
„Kaum ein religiöses Bild ist so umstritten wie das des Gekreuzigten“, so Surall. „Hirndorfs Arbeit regt dazu an, neu darüber nachzudenken, warum dieses Bild dennoch Hoffnung ausstrahlen kann – gerade in seiner Brüchigkeit.“
Ein gemeinsamer Gang durch den frühlingshaften Abend – eine Art gelebter Kreuzweg –, der von der Kapelle der Tagungsstätte bis zum RPI führte, ermöglichte den Teilnehmenden der Midissage, die außergewöhnliche Vielfalt der Kreuze und zugleich ihre innere Einheit in Bewegung zu erleben.
Bis Mitte August ist „Verbunden“ auf dem Campus Loccum ausgestellt.
Künstlerwebsite:
Text: Bianca Reineke
Fotos: Nils Bäßler